Rund jeder dritte Mensch in Deutschland hat überhaupt kein oder nur geringes Vertrauen in politische Parteien und auch die Überzeugung für die Demokratie sinkt zunehmend. Diese Ergebnisse der Studie „Schwindendes Vertrauen in Politik und Parteien – Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt?“ der Bertelsmann Stiftung findet die SPD-Landtagsabgeordnete Christina Kampmann alarmierend. Deshalb lud sie den Studienmacher Dr. Kai Unzicker ein, einen genaueren Einblick in die Ergebnisse zu geben.
Zusammen mit Esat Karakus von der Alevitischen Kulturgemeinde Bielefeld wurde darüber diskutiert, was die Gründe dafür sein können, dass insbesondere Menschen in schlechten Lebenslagen wenig darauf vertrauen, dass Parteien Lösungen für ihre Probleme finden können. „Die Probleme und Sorgen, die Menschen in ihrem Alltag erleben, passen immer weniger zu den Debatten, die wir in Politik und Medien führen“, erklärt Dr. Unzicker. Dass sich immer weniger Bürgerinnen und Bürger politisch vertreten fühlen sei auch deshalb gefährlich, weil sich die Frage stellt, wer die Demokratie eigentlich verteidigen soll.
Wie kostbar die Demokratie für alle Gruppen einer Gesellschaft ist, hob Esat Karakus hervor. Ihr Qualitätsmerkmal sei aber, mehr zu sein als nur die Diktatur der Mehrheit: „Für uns als Minderheit ist genauso wichtig, gehör zu finden, in unseren Ansichten geschützt und akzeptiert zu werden“. In Bielefeld funktioniere das aber insgesamt gut. „Wir nehmen die negative Stimmung gegenüber ‚der Politik‘ vor allem in Sozialen Medien stark wahr, diskutieren momentan aber viel zu wenig über die konkrete Ursachenbekämpfung“, erklärt Kampmann. Neben den negativen Kommentaren auf Twitter und Co müsste außerdem denen Beachtung geschenkt werden, deren Vertrauensverlust eher im Stillen passiere.
Bei der öffentlichen Diskussion im AWO-Mehrgenerationen Haus, zu der rund 25 Interessierte gekommen waren, brachten auch viele ihre eigenen Ideen und Vorschläge ein. Deutlich geworden ist, dass Parteien und die Politik, die sie machen wieder greifbarer werden müssen, zum Beispiel durch eine verständliche Sprache und Dialogbereitschaft. Man müsse außerdem darüber nachdenken, die politische Arbeit in den Kommunen zu stärken, da diese die unmittelbar zuständige Ebene für Bürgerinnen und Bürger seien. Gerechtigkeit stärker in den Fokus sozialdemokratischer Politik zu rücken, diene nicht nur der klaren Abgrenzung zu anderen Parteien. „Erst wenn Menschen das Gefühl haben, in einer gerechteren Gesellschaft zu leben, steigt ihr Vertrauen in politische Parteien auch wieder“, da ist sich Kampmann sicher.