Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein wesentlicher Treiber für die fortschreitende digitale Transformation unserer Gesellschaft. Dabei simuliert KI menschliche Intelligenz mithilfe von Computersystemen.Merkmale sind selbständiges Lernen und die Verarbeitung von Daten.
In den nächsten Jahren werden intelligente Maschinen unser Leben, die Wirtschaft und Arbeitswelt erheblich verändern. Gesamtwirtschaftlich sind dabei Produktivitätsgewinne zu erwarten. Vor diesem Hintergrund müssen aber auch die langfristigen Technikfolgen bereits heute sorgsam abgewogen und kontrolliert werden, da auch vermeintlich kleine Entwicklungen zu unabsehbaren Folgen führen können. Die Verbreitung und Entwicklung digitaler Systeme muss auch gesamtgesellschaftlich betrachtet werden, sodass die ökonomisch positiven Effekte durch den Einsatz von KI am Ende nicht nur wenigen Digitalisierungsgewinnern, sondern möglichst allen, zugutekommen.
Ein besonderer Fokus ist dabei auf den Bereich von Deep Learning zu richten. Deep Learning ist eine Technik, die neuronale Netze und große Datenmengen nutzt, um daraus Prognosen oder Entscheidungen zu treffen. Die Maschine wird in der Folge in die Lage versetzt, ohne menschliches Zutun immer weiter dazuzulernen. Im Bereich der KI kommt Deep Learning zum Beispiel bei der Gesichts- oder Spracherkennung zum Einsatz. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund des politischen Handlungsbedarfs wichtig.

Auswirkungen auf die Arbeitswelt

Noch ist nicht überall vorhersehbar, welche konkreten Auswirkungen KI auf Arbeitsplätze, soziale Sicherungssysteme und die Art der Zusammenarbeit hat. Fest steht, dass an einigen Stellen Arbeitsplätze verloren gehen werden, während gleichzeitig neue hinzukommen. Unabhängig von den heute noch unklaren Beschäftigungseffekten muss jedoch konstatiert werden: Je schneller sich KI am Arbeitsplatz etabliert, desto weniger Zeit bleibt für die Anpassung individueller Qualifikation und kollektiver Sicherungssysteme. Deshalb ist es wichtig, die Beschäftigten selbst in den Mittelpunkt diese Entwicklungen zu stellen.
In fast allen Wissensberufen, bei denen Entscheidungen automatisiert werden können, stellt sich die Frage nach dem Wegfall von Arbeitsplätzen. Im Bereich der Medizin etwa leistet KI durch Mustererkennung bereits heute einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Diagnose und Forschung. Mit der Anonymisierung und Homogenisierung von Patientendaten, die höchsten Datenschutzansprüchen genügen müssen, können medizinische Behandlung und Forschung auf ein völlig neues Niveau gehoben werden. Dies muss im Umkehrschluss allerdings nicht bedeuten, dass wir künftig auf Ärztinnen und Ärzte verzichten können, wohl aber, dass diese KI zu nutzen wissen müssen.
Eine Branche, in der KI heute schon zum Tragen kommt, ist die Versicherungsbranche. Diese eignet sich deshalb sehr gut, weil hier große Mengen von Daten verarbeitet werden und die Prozesse von Wiederholungen geprägt sind. KI wird hier weiter zur Automatisierung des Versicherungsprozesses beitragen, etwa zur Abwicklung von Schadensfällen. Eine Nutzung erfolgt außerdem bei der Formulierung und Erstellung von Verträgen. Hier liegt es nahe, dass mit einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen gerechnet werden muss, auch wenn die Aufklärung von Betrugsfällen auch in nächster Zeit noch von den Spezialisten selbst erledigt werden muss.
Zusammenfassend kann die Frage nach dem Wegfall von Arbeitsplätzen in Wissensberufen also umformuliert werden: Wie lässt sich sicherstellen, dass die betroffenen Berufsgruppen KI in Zukunft so zu nutzen wissen, dass die gesamte Gesellschaft davon profitieren kann?

Was sind die gesellschaftspolitischen Folgen?

Neben den bereits genannten Fortschritten in der Medizin, können die Potenziale von KI in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen beobachtet werden. In der Landwirtschaft kommt KI zum Beispiel schon in Form von Bilderkennungsprogrammen zur Anwendung, die Schädlinge auf Pflanzen untersuchen. Beim autonomen Fahren muss KI dafür sorgen, dass im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen getroffen werden, auch wenn dies innerhalb kürzester Zeit notwendig wird. Im Rechtssystem kommt KI vor allem bei der Recherche und Vertragsprüfung zum Einsatz. Auch einzelne Tätigkeiten von Anwältinnen und Anwälten können demnach schon heute automatisiert stattfinden. Die These, dass durch die Digitalisierung nur niedrig- oder geringqualifizierte Arbeit auf den Prüfstand kommt, stimmt also nicht. Wichtig ist und bleibt, dass die betroffenen Berufsgruppen KI sinnvoll zu nutzen lernen.
In diesen, aber auch in vielen anderen Bereichen hat sich KI bereits etabliert und zu Produktivitätssteigerungen geführt. Andere Formen, wie zum Beispiel virtuelle Assistenten, werden sich in den kommenden Jahren derart weiterentwickeln, dass Alltagsentscheidungen vermehrt an diese delegiert werden können. Etwa die automatisierte Bestellung von Gebrauchsgegenständen oder die Organisation einer Reise. In diesem Kontext werden sich zunehmend Fragen von Transparenz und Neutralität stellen.
Wichtig ist es, all diese Entwicklungen nicht am gesellschaftlichen Diskurs vorbei entstehen zu lassen. Einen Mehrwert werden diese nur dann generieren können, wenn eine breite Akzeptanz entsteht. Hierfür bedarf es klarer Vorgaben, um entsprechende Risiken zu unterbinden.

Ethische Fragen

Von besonderer Bedeutung ist die Mensch-Maschine-Interaktion. Roboter und cyber-physische Systeme erlernen die Interaktion mit dem Menschen, um größtmöglichen Nutzen zu bringen. Damit steigen auch die Vermenschlichung von Maschinen (humanoide Roboter) und die emotionale Akzeptanz auf dermenschlichen Seite. Hier drängt sich zunehmend die Frage auf, wo die Grenzen, zum Beispiel beim Delegieren von Aufgaben, erreicht sind, wo also der Mensch selbst nicht ersetzt werden sollte, auch wenn dies technologisch möglich wäre. Dazu zählt auch die Abwägung ob es Bereiche gibt, in denen der Einsatz von KI ethisch nicht vertretbar erscheint.
Probleme können auch dann entstehen, wenn KI-Systeme ganze Personengruppen diskriminieren, weil sie entsprechend trainiert sind. Dies zu vermeiden wird eine der entscheidenden Herausforderungen beim
Einsatz von KI sein verbunden mit der Frage, wie ein Algorithmus ausgestaltet sein sollte, der die Grundsätze von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität „ins Digitale“ übersetzt. Der Rahmen, in dem ein solcher „sozialer“ Algorithmus lernt, könnte mit Hilfe der Blockchain-Technologie gesetzt werden: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität müssten demnach als Grundsätze definiert und quantifiziert werden. Die von einem selbstlernenden Algorithmus in diesen Dimensionen erzielten Werte könnten sodann auf einer Blockchain gespeichert werden; dadurch wären sie nachvollziehbar und vor Manipulation geschützt. Der Algorithmus könnte wiederum durch die Ausgabe von Token gesteuert werden, wobei die Ausgabe der Token nur bei Einhaltung der vorab definierten Grundsätze erfolgt. Dadurch könnte auf transparente Weise sichergestellt werden, dass ein selbstlernender Algorithmus nicht unbeabsichtigt unsozial trainiert wird.
Eine weitere Ambivalenz liegt in der algorithmischen Aufbereitung von personalisierten Informationen, die auf der einen Seite großen Nutzen bringen kann, weil sie Informationen passgenau zur Verfügung stellt, in Form von Filterblasen und einseitigen Informationen aber auch eine Bedrohung für den für Demokratie und Gesellschaft so wichtigen Pluralismus sein kann.
Ethisch nicht zu rechtfertigen wäre es im Grunde aber auch, auf die Potenziale von KI zu verzichten. Mit Blick auf die Möglichkeiten in der Medizin an fällt es nicht schwer, sich der Fortschritte bei Prävention, Diagnose und Behandlung bewusst zu werden. Mit tausenden Unfalltoten weniger ist zum Beispiel beim Einsatz von KI im Bereich des autonomen Fahrens zu rechnen. Auch für Menschen mit Behinderung kann KI einen wesentlichen Beitrag zu gesellschaftlicher Teilhabe leisten. So gibt es beispielsweise eine auf KI basierende App, die blinden Menschen per Sprache mitteilt, was in ihrer Umgebung zu sehen ist.

Zehn-Punkte-Plan für die Zukunft Künstlicher Intelligenz

1. Digitale Bildung vorantreiben

Nur wer ein Basiswissen über Programmieren, Algorithmen und das Funktionieren von KI hat, kennt auch die Risiken und kann reflektiert damit umgehen. Deshalb muss das Erwerben entsprechender Grundkenntnisse im Bildungssystem verankert werden, um schon junge Menschen fit für das digitale Zeitalter zu machen. Gleiches gilt auch für Studium und Berufsausbildung. In Zukunft werden immer mehr Berufsgruppen mit KI-Systemen arbeiten. Entsprechend wichtig ist es, Kompetenzen möglichst frühzeitig zu erwerben, um soziale Teilhabe zu ermöglichen.

2. Forschung fördern

Wir brauchen mehr Forschung im Bereich von KI, dafür soll es entsprechende Anreize und finanzielle Förderung geben. Dabei soll es nicht darum gehen, dass die Wissenschaft zum Innovationsgehilfen der Wirtschaft gemacht wird, wie es häufig beim Thema KI verstanden wird. Es soll vielmehr der gesellschaftliche Mehrwert im Vordergrund stehen, denn nur dort, wo Potenziale und Auswirkungen von KI grundlegend erforscht werden, kann langfristig auch ein gesellschaftlicher Nutzen entstehen. Dafür ist es wichtig, NRW als Forschungsstandort attraktiv für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt zu machen und Lehrstühle für KI besonders zu fördern.

3. Unternehmen in die Verantwortung nehmen

Auch Unternehmen sollten die ethischen Aspekte von KI reflektieren, um mögliche Folgewirkungen von Anfang an im Blick zu haben. Das kann beispielsweise durch entsprechende Beauftragte oder spezielle Kommissionen geschehen. Auch die Entwicklung eines Kodex zum verantwortungsvollen Umgang mit KI ist hier denkbar.

4. Den Wettbewerb erhalten – Innovationen zulassen

Aufgrund des Netzwerkeffekts existieren auf digitalen Märkten bereits heute Oligopolstrukturen bzw. Quasimonople, denen mit dem derzeitigen Kartellrecht nur schwer begegnet werden kann. KI beschleunigt diesen Prozess, weil sich Produkte und Dienstleistungen auf Basis der Feedbackdaten selbst verbessern können. Dadurch wird es für neue, innovative Unternehmen schwieriger, sich am Markt zu behaupten. Die Lösung könnte eine Daten-Sharing-Pflicht sein: Bei Überschreiten eines bestimmten Marktanteils muss ein Teil der Daten offengelegt werden, um den Wettbewerb zu erhalten.

5. KI diskriminierungsfrei gestalten

Eines der wichtigsten Ziele muss darin bestehen, KI diskriminierungsfrei zu trainieren und diese Trainingsdaten nachprüfbar zur Verfügung zu stellen. Da wo z.B. schlechter bezahlte Jobs vor allem Frauen zugeordnet werden, dunkelhäutige Menschen aufgrund der Bilderkennungsfunktion am Flughafen nicht mehr durch die Passkontrolle kommen, also Hautfarbe und Geschlecht zu Grundlagen von KI-Entscheidungen werden, da bilden sich die Ungleichheiten unserer Gesellschaft in einer Software ab, die eigentlich das Potenzial hat, genau diese zu überwinden. Deshalb muss sichergestellt sein, dass es zu keinen Benachteiligungen bestimmter Personenkreise kommt, wenn KI zum Einsatz kommt. Damit dies nicht verdeckt oder unbeabsichtigt passiert, bedarf es der Überprüfbarkeit entsprechender Algorithmen, um Diskriminierung entgegenzuwirken. Einen möglichen Lösungsansatz stellt die Blockchain-Technologie dar, deren Potentiale in diesem und in weiteren Kontexten erforscht und angewendet werden sollten.

6. Persönliche Entscheidungsfreiheit erhalten

Der Missbrauch von KI für Manipulation, Überwachung und Unterdrückung ist eine reale Gefahr. Die Freiheit des Einzelnen darf durch algorithmischen Entscheidungen jedoch nicht eingeschränkt werden. Der Einsatz von KI muss daher gekennzeichnet sein und transparent erfolgen. Das Letztentscheidungsrecht muss stets beim Menschen bleiben.

7. Gesellschaftlicher Fortschritt durch Open Data

Die Weiterentwicklung von KI muss zu gesellschaftlichem Fortschritt führen. Dafür ist es notwendig, eine gemeinwohlorientierte Nutzung von KI voranzubringen. Anonymisierte Rohdaten sollten Wissenschaft und Unternehmen daher wechselseitig zur Verfügung stehen und damit sowohl einen Ausbau der Forschung, als auch einen schnellen Transfer von Innovationen in die Wirtschaft sicherstellen. Entsprechende Produktivitätssteigerungen und digitale Dividenden müssen im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge zum Wohl der Allgemeinheit eingesetzt werden, z.B. für bessere Bildung, Qualifizierung und Arbeit.

8. KI der Werte entwickeln

KI-Technologien müssen auf der Grundlage europäischer Werte entwickelt werden und den Prinzipien der Menschenrechte entsprechen. So wie Gesetze nicht gegen die Werte unserer Verfassung verstoßen dürfen, muss auch KI immer so trainiert werden, dass Sie mit den Werten, die unser Grundgesetz prägen, im Einklang steht.

9. KI muss einen Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt leisten

KI berührt viele Fragen unsere Arbeitswelt der Zukunft. Es geht um die Mensch-Maschine-Interaktion, die Ausgestaltung der Mitbestimmung und auch um Grenzen der Zusammenarbeit. Wichtig ist es deshalb, nicht nur in Technologie zu investieren, sondern auch in die Beschäftigten und gemeinsam mit den Sozialpartnern eine Strategie für KI in der Arbeitswelt zu entwickeln.

10. Keine KI für militärische Systeme

KI soll dem sozialen und ökologischen Fortschritt dienen. Eine militärische Nutzung ist daher abzulehnen und muss über eine internationale Vereinbarung abgesichert werden.

Der Menschen bleibt im Mittelpunkt

Die Automatisierung von Entscheidungen kann eine ethische Herausforderung darstellen, jedoch auch moralisch geboten sein, etwa durch die Reduzierung von Verkehrstoten beim autonomen Fahren oder die Verbesserung von Krebstherapien durch die Auswertung anonymisierter Patientendaten. Auch wenn Entscheidungen delegiert werden, vermögen Maschinen dabei nicht das „große Ganze“ zu erkennen. Diese Fähigkeit, aber auch diese Verantwortung, obliegt allein dem Menschen. Seine Aufgabe ist es, die Zukunft der künstlichen Intelligenz zum Wohle aller zu gestalten. Dieses Papier soll deshalb nicht den Abschluss einer Diskussion über diese technische Entwicklung bilden, sondern vielmehr Grundlage eines breiten gesellschaftlichen Diskurses sein.

Das Positionspapier der SPD-Landtagsfraktion NRW finden Sie auch hier.